Die Christophorus-Kirchengemeinde und Corona (Covid-19)
„Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen!“ Das ist die Jahreslosung aus dem sechsten Kapitel des Johannes-Evangeliums für das neue Jahr 2022.
Zum Ende des vergangenen Jahres und zum Beginn des jetzt dritten Jahres in der Pandemie erreichen unser Pfarramt teils traurige, teils anklagende und teils auch wütende Mails oder (seltener) Briefe die sich auf die Art und Weise beziehen, wie wir als Kirchengemeinde mit der besonderen Situation zu Zeiten von Corona umgehen, oft endend mit der Ankündigung des Kirchenaustritts.
Da darin überwiegend oder fast ausschließlich unsere Pastoren angesprochen und verantwortlich gemacht werden, möchte ich als 2. Vorsitzender des Kirchengemeinderates dazu Position beziehen. Dies tue ich öffentlich, auch vor dem Hintergrund, dass manche Verfasser solcher Schreiben auf Reaktionen und Gesprächsangebote durch unsere Pastoren selten antworten oder bisweilen ablehnend reagieren.
Seit dem Frühjahr 2020 bestimmen Corona, Inzidenzen, Landesverordnungen oder Gesetze, Einschränkungen und Maskenpflicht mal mehr, mal weniger unser Leben.
Vieles an Corona ist neu und immer noch unbekannt. Nicht anders erkläre ich mir das – scheinbare und gefühlte – Hin und Her in manchen Entscheidungen und Ankündigungen hinsichtlich von Schutzmaßnahmen und damit oftmals verbundenen Beschränkungen und Eingriffen in unsere Lebens- und Handlungsweisen.
Von Anfang an gab es kritische Haltungen gegenüber den Corona-Regeln, auch Skeptiker bis hin zu Corona-Leugnern. Mit dem Beginn der Impfkampagne vor nunmehr gut einem Jahr polarisierte sich das Stimmungsbild zwischen Geimpften (zunehmend auch Geboosterten) und Impfgegnern. Unsere Regierenden setzen – unter Mitwirkung einer großen Zahl von Experten aus Medizin, Wissenschaft und Gesellschaft – auf die Wirkung des Impfstoffes und mit ihnen ein (aus meiner Sicht zum Glück) großer Teil der Bevölkerung.
Wir als Christophorus-Kirchengemeinde haben uns von Beginn an intensiv mit den Regularien und Möglichkeiten in der Pandemie beschäftigt. Hierbei möchte ich das WIR betonen: der Kirchengemeinderat – bestehend aus 22 gewählten und zwei Mitgliedern via Amt (unsere Pastoren) – hat seit dem Frühjahr 2020 in allen regulären und zahlreichen Sonder-Sitzungen gemeinsam die Regeln für unsere Gottesdienste und Gemeindeveranstaltungen festgelegt. Dabei haben wir uns mit großer Mehrheit beziehungsweise überwiegend einstimmig dazu bekannt, zum Schutz der „Menschen, die uns anvertraut sind“ (wie es auf der Sonderseite „Corona: Hinweise, Maßnahmen, Aktuelles“ im Netzauftritt der Nordkirche heißt – siehe www.kirche-mv.de/corona.html ) bei allen Entscheidungen „die aktuellsten Vorgaben des Landes und die Verlautbarungen und Vorgaben der Landkreise“ zu beachten und einzuhalten. Auch haben wir uns ohne wenn und aber darauf verständigt, uns die Handlungsempfehlungen und -anweisungen der Nordkirche wie des Ev.-Luth. Kirchenkreises Mecklenburg zu eigen zu machen.
Wenn nun Menschen das Einhalten der Rechtsordnungen unseres Staates und der Empfehlungen unserer Landeskirche als Argument dafür heranziehen, „ihrer“ Kirche zu zürnen und ihr den Rücken kehren zu wollen, ist das ihr gutes Recht und nicht zu bewerten. Das aber mit persönlichen Angriffen auf Einzelne zu verbinden – und nicht anders ist ein „persönlich verantwortlich machen“ von Pastoren für Konsequenzen wie ein Kirchenaustritt oder „den Glauben verlieren“ zu beurteilen – ist nicht nur fragwürdig, sondern verletzend!
Insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir als Christophorus-Kirchengemeinde vom ersten Tag der Beschränkungen an reagiert und gehandelt haben. Mit einer Vielzahl von online-Angeboten wie Gottesdienste als livestream oder youtube-Angebot, wöchentliche Andachten in der Oster- und Adventszeit über facebook und youtube, um nur einige zu nennen, aber auch mit Balkonandachten in den Seniorenheimen oder mobilen Konfi-Angeboten wurde unter Beachtung der Corona-Regeln das Evangelium mit viel Kreativität und Engagement zu den Menschen getragen. Auch der Chor traf sich, sobald es einmal kurz möglich war, umgehend zu einer Probe „unter freiem Himmel“ im Pfarrhof. Für all dies wurden weder Aufwand noch Kosten gescheut.
Und in der gesamten Zeit der Pandemie wurde unsere Hauswirtschaftskraft trotz der coronabedingten fehlenden Einnahmen in unserem Freizeitheim „Dat Armenhus“ weiterbeschäftigt.
Die Entscheidungen unseres Kirchengemeinderates zum Kirchlichen Leben während Corona sind aus meiner Sicht weder rechtlich noch moralisch zu beanstanden. Jeder kann dazu seine Meinung haben und darf diese äußern, aber im Gegensatz zu „jeder“ tragen wir Verantwortung und nehmen wir ernst, was uns unsere Landeskirche in diesen Zeiten aufgegeben hat:
„Für uns als Kirche gilt in dieser Situation:
– wir tragen Verantwortung für die Menschen, die uns anvertraut sind,
– wir sind aufgerufen zur Fürbitte, besonders für die Kranken und alle, die in
Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen Dienst tun,
– wir tun das uns Mögliche, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen.“
In einem Brief – mit abschließend erklärtem Kirchenaustritt – wurde als „positives“ Beispiel für kirchliches Handeln eine Predigt jenes Pastors aus Waren beigefügt, der in seinem Brief an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine Kritik am neuen Infektionsschutzgesetz damit unterlegt, dass er in Hinblick auf die demokratischen Verhältnisse in unserem Land Vergleiche mit dem Dritten Reich und der DDR zieht. Auch das will ich nicht bewerten, aber mit Worten aus der Predigt des ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche Deutschlands und Landesbischof unserer Bayrischen Partnerlandeskirche, Dr. Heinrich Bedford-Strohm reagieren:
„Wie aber dann heute umgehen mit all diesen Regeln, die Menschen doch so große Beschränkungen auferlegen und – ja – auch zu Abweisungen führen? Führen müssen! Wenn sich diese Regeln nicht mehr gegen mögliche Bedrohungen der Gesundheit, sondern gegen die Menschen selbst richten würden, dann müsste man sich ihnen entgegenstellen.
Wenn sie aber dem Schutz des Lebens dienen, dann verdienen sie unsere Unterstützung. Denn Jesus war ein Freund des Lebens. Er hat geheilt. Er hat alles getan, um das Leben von Menschen zu retten. Immer wieder denke ich daran, wenn ich die Menschen vor Augen habe, die jetzt in den Kliniken Dienst tun, die bis zur Erschöpfung um das Leben von Menschen kämpfen und die es verdient haben, dass wir alle alles in unserer Macht tun, damit die Überlastung der Kliniken endlich überwunden wird.
Alle, die jetzt Leben und Gesundheit schützen, tun das Werk Jesu heute. Und deswegen steht verantwortliches Handeln zum Schutz der Gesundheit nicht im Widerspruch zu dem Satz aus der Jahreslosung, sondern – im Gegenteil – es ist Ausdruck davon.“
„Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen“
Frank Claus
2. Vorsitzender des Kirchengemeinderates der Ev.-Luth. Christophorus-Kirchengemeinde Laage