Amtliche Meldung

Kurzgeschichte Teil 2: Tüwkow kocht!

Folge Zwei

Zur Werbung für den Konsum in Tüwkow soll etwas Besonderes gemacht werden. Im Dorfladen e.V. wird die Idee eines Tüwkow-Kochbuchs diskutiert, aber nicht alle sind damit einverstanden. Mike als Vorsitzender stellte die Idee zur Abstimmung.
_____________________________________________________

Die Abstimmung am letzten Samstag brachte eine klare Mehrheit für die Kochbuch-Idee, mit zwei Enthaltungen und der Gegenstimme von Franzi. Am gleichen Abend haben wir einen Aufruf in der digitalen DorfFunk-Gruppe Tüwkow und Umgebunggemacht und einen Aushang für die schwarzen Bretter im Ort vorbereitet. Alle werden aufgerufen, ihre liebsten Familien-Rezepte einzusenden oder bei Jan in den Briefkasten zu werfen. Er hat auch schnell die Mail-Adresse Das.Tuewkow.Kochbuch@gmail.com gebaut, damit man die Rezepte einfach fotografieren und per Mail schicken kann.

Die Senioren ohne Technik, von denen haben wir nach der Liste, die wir schnell erstellt haben, eine ganze Menge, werden persönlich besucht. Bisher haben sich alle über den Besuch und unsere Idee gefreut, berichtet Petra. Die Rezepte geben alle gerne her und freuen sich über das Interesse daran. Meist werden die Besuche viel länger als geplant.

Das läuft also an. Ich bin echt gespannt, wie viele Rezepte wir zusammen kriegen.

Aber ich habe mich entschlossen, mein Lieblingsrezept für Nudelsoße nicht einzureichen. Das würde wohl kein Exportschlager werden.

Ich stehe gerade am schwarzen Brett, wo der Brunnenweg von der Dorfstraße abbiegt. An das Taschenmesser, um die alten Heftzwecken aus dem verwitterten Holz zu ziehen, habe ich gedacht. An neue Heftzwecken leider nicht. Ich stehe mit dem Gesicht nahe am Holz und habe meinen Aushang zwischen die Lippen gepresst.

Hey, sagt jemand hinter mir. Die Heftzwecke fällt runter. Ich drehe mich um. Es ist Lena. Eine Kapuze umrahmt ihr schmales Gesicht, die braunen Augen leuchten mich an.

Hi, sage ich, muss aber erst das Papier aus dem Mund nehmen. Auch unterwegs?

Sind schon Rezepte da? Ich bin ja gespannt, was hier so gekocht wird. Wahrscheinlich ganz anders als in Berlin.

Geht ja gerade erst los.Ich zeige ihr den Aushang. Kannst du mal halten?

Ohne Papier im Mund gehen die restlichen Heftzwecken leichter raus. Mein neuer Aushang hängt dann etwas schief. Mist.

Was isst du denn gerne?Sie ist Ende vierzig, schätze ich, kommt aus Berlin und sieht unseren Konsum als Klassenkampf, daher halte ich sie für eine Vegetarierin. Man soll seine Vorurteile pflegen.

Wild, sagt sie. Am liebsten Reh oder Hirsch. Kann man so etwas eigentlich hier kriegen, direkt vom Jäger oder so?

Klar.Ich tue so, als müßte ich überlegen. Frag Jan am besten, der im Konsum neben mir saß. Er und zwei Kameraden bei der Feuerwehr sind Jäger, da geht bestimmt etwas.

Sie freut sich. Prima. Wird noch ein wenig dauern, meine Küche ist noch nicht fertig. Ich komme gerne darauf zurück. Jan sehe ich ja sicher beim nächsten Meeting.

Da ist noch etwas, das ich loswerden muss.

Du, unser Konsum hat mit Klassenkampf oder Arbeiterklasse nichts zu tun. Auch nicht mit Kampf gegen Konzerne. Wir wollen einfach die Versorgung in unserem Dorf verbessern.

Lena wird rot und ich bereue, so direkt gewesen zu sein. Oh Mist, da habe ich mich wohl vergaloppiert.Sie sieht zu Boden. Ich bin auch nicht so eine, eigentlich. Wollte nur Stallgeruch zeigen.

Unser Laden heißt Konsum, weil der Name viele Jahre an dem leeren Gebäude dran stand und alle sofort wieder von einem Konsum gesprochen haben. Das heißt aber nicht, dass wir generell die Zeit der Konsums und HO-Läden wiederhaben wollen. Wir wollen einfach nur gut im Dorf einkaufen können.

Sie sieht noch immer zu Boden. Ich lege ihr meine Hand auf die Schulter. Hast du denn ein Wildrezept für das Kochbuch? Wäre schön, wenn du dabei bist.

Lena blickt auf und die braunen Augen leuchten wieder. Klar. Ich melde mich!Sie zwinkert.

Ich schaue ein paar Sekunden zu, wie ihre schmale Gestalt sich entfernt.

Jetzt muss ich aber dringend meinen Aushang aufs Holz kriegen.

Die nächsten Stunden werde ich im Internet verbringen. Wir sind doch bestimmt nicht die ersten, die eine Buch-Idee haben. Wie bei der Eröffnung des Konsum haben wir keine Ahnung, wie man das eigentlich macht mit so einem Buch. Wir springen wieder ins kalte Wasser, aber nach der Gründung des Konsum-Vereins kann uns eigentlich nichts erschrecken.

Sicher braucht man irgendeine Software dafür. Das ist bei mir weder Standbein noch Spielbein. Franzi hat mal von so etwas erzählt, vom Programmheft des Turnfestes. Aber sie werde ich jetzt nicht fragen. Sie ist noch sauer, weil wir uns gegen ein Fitness-Buch entschieden haben.

Und Bilder brauchen wir auch irgendwie für ein Kochbuch, da werden selbstgeknipste Handy-Fotos wohl nicht gut genug aussehen.

Ich frage mich, ob das komische Gefühl im Magen von der dunklen Vorahnung kommt, was ich da an Arbeit und Nerven investieren muss, oder von der Freude, Lena getroffen zu haben.

Aber als erstes will ich unbedingt LenaQuatsch, Jan anrufen, wie viele Rezepte er schon bekommen hat.

Verlag Weberhof
Siebo Woydt
Kleine Seestrasse 1
18279 Lalendorf OT Langhagen
01573-8998098
siebo.woydt@outlook.de

…wie die Geschichte weiter geht, erfahren Sie nächsten Freitag!

Der Beitrag steht unter Einhaltung der Bildrechte von Dritten zur freien Verfügung.